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Wein-News im November 2022 vom 07.11.2022
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Südtirols fünfte Jahreszeit – mit Wandern, Wein, Kastanien und Törggelen

Bäume und Weinreben leuchten in den schönsten Rot- und Goldtönen, die Luft ist klar und die Sonne schickt ihre noch immer wärmenden Strahlen über die Gipfel der Berge. Es ist Herbst in Südtirol: eine Zeit der Stille und Einkehr, die Zeit der Weinlese und langer Herbstwanderungen und des Törggelens.

Was ist Törggelen?

Törggelen ist ein nicht ganz einfach auszusprechendes Südtiroler Dialektwort, das aus dem Lateinischen stammt und so viel wie „Wein pressen“ (=torquere) oder “Weinpresse (=torculus) bedeutet. Der beliebte Brauch wird überall dort praktiziert, wo Wein und Esskastanien wachsen – und das passiert vor allem im Eisacktal, Meraner Land, in Bozen und im Vinschgau. Das Törggelen hat seinen Ursprung in der Tradition, dass sich die Weinbauern im Oktober bei ihren Helfern für ihren Einsatz bei der Lese und dem Pressen des Weins mit einem Festmahl bedankten. Dies bestand aus deftigen Tiroler Speisen und dem jungen Wein.


Bild 1: Berge Südtirol


Im Herbst hat Südtirol einen ganz besonderen Reiz.

Die Genusszeit „Törggelen“ gilt als fünfte Jahreszeit in Südtirol und beginnt, sobald der Wein geerntet ist und das Weinlaub in goldenem Glanz erstrahlt. In der Regel dauert sie von Anfang Oktober bis zum Beginn der Adventszeit. In diesen Wochen verbinden Einheimische und Besucher gemütliche Herbstwanderungen durch Weinberge, Kastanienhaine, bunte Wälder sowie malerische Dörfer mit kulinarischen Genüssen. Wo Wein und Kastanien wachsen, öffnen die Bauern ihre Hofschänken und nicht selten sogar ihre Stuben. Dann werden einheimische Köstlichkeiten wie Knödel, Schlutzkrapfen, Südtiroler Speck, Schüttelbrot, Hauswürste, Surfleisch, geröstete Kastanien und süße Krapfen geschlemmt. Dazu gibt es Traubenmost, den sogenannten „Siaßen“ und natürlich jungen Wein. 

Die Geschichte des Törggelen

Der Brauch des Törggelens kommt ursprünglich wahrscheinlich aus dem Eisacktal, wo es besonders viel Wein und Esskastanien gibt. Zunächst fand die Verkostung des neuen Weines in den Weinkellern statt, wurde mit der Zeit aber in die „gute Stube“ verlegt, wo es viel gemütlicher und sicher auch wärmer war.

Was früher nur den Einheimischen vorbehalten war, ist heute zu einer Art Touristenattraktion geworden. Wer im Herbst nach Südtirol reist, findet zahlreiche Gasthöfe und Buschenschänken, die neben typischen Törggelen-Gerichten auch jungen Wein aus eigenem Anbau anbieten. Es gehört immer öfter zu einem gelungenen Südtirol-Urlaub im Herbst: Während einer Wanderung durch die wunderschöne Berglandschaft kehrt man in einer Schänke zur Rast ein oder lässt den anstrengenden Wandertag beim Törggelen ausklingen.
Die schönsten Wandertipps für Gourmets

  1. Gourmetwanderung nach Schenna

Wer es nicht ganz so anstrengend mag, findet gemütliche Wandermöglichkeiten auf den Wegen rund um Schenna. Das Dorf liegt oberhalb von Meran inmitten einer weitläufigen Wanderregion für Familien und Genusswanderer. In Schenna in Südtirol hat das Törggelen eine lange Tradition. Im Herbst öffnen die Gasthöfe und Hofschänke rund um das Wellnesshotel in Schenna ihre Pforten und werden zu Hochburgen des kulinarischen Genusses. Einheimische und Gäste erfreuen sich gleichermaßen an der beliebten Tradition und lassen sich Knödel, Speck, Krapfen und Würste mit Kraut schmecken. Natürlich darf auch ein „Nuier“, also ein Glas des ersten Weines des Jahres, nicht fehlen. Den krönenden Abschluss der Sause bilden die „Keschtn“, die gerösteten Esskastanien der Region.

  1. Der Keschtnweg im Eisacktal

Zwischen dem Brennerpass und Bozen erstreckt sich das etwa 80 Kilometer lange Eisacktall, das mit seinen ausladenden Kastanienhainen als die Hochburg des Törggelens gilt. Mitte bis Ende Oktober werden in mehreren Orten die „Eisacker Kastanien-Spezialitätenwochen“ gefeiert. Wandern und Genuss lassen sich hier inmitten eines Meeres aus goldfarbenen Weinbergen auf ideale Weise verbinden. Ein besonderes Highlight im Herbst ist der „Keschtnweg“, der vom Eisacktal über die Seiser Alm und das Grödnertal an den Kalterer See führt. Der Wanderweg, der sich über 63 Kilometer erstreckt, bietet zahlreiche Möglichkeiten der Einkehr. Typische Eisacktaler Gasthöfe finden Besucher unter anderem in Villanders, auf dem Ritten und natürlich in Brixen. Hier dürfen nach Herzenslust junger Wein, Traubenmost und regionale Köstlichkeiten geschlemmt werden.


Bild 2: leckeres südtiroler Essen

Deftige Südtiroler Leckereien sind fester Bestandteil der Törggelen-Tradition

  1. Tolle Panoramablicke auf dem Kalterer Höhenweg

Im Sommer lockt der Kalterer See viele Badelustige und Wassersportler an, denn er ist einer der wärmsten Badeseen in den Alpen. Im Herbst verwandelt sich die nur 15 Kilometer von Bozen entfernte Region mit See, Bergen und malerischen Weindörfern in ein Paradies für Romantiker. Der beste Blick auf diese wunderschöne Gegend bietet sich vom 13 Kilometer langen Kalterer Höhenweg zu den Gipfeln der Dolomiten. Von der Talstation in Kaltern führt der Panoramaweg in drei bis vier Stunden nach Altenburg. Belohnt wird der Wanderer mit einer Einkehr z. B. in St. Nikolaus, St. Michael oder Kaltern. Hier gibt es nicht nur hochwertige Weine, sondern auch saisonale Spezialitäten wie Kalterer Polenta und Krapfen. Besonders hervorragende Tropfen finden durstige Kehlen bei Peter Sölva, dem ältesten Weinbaubetrieb der Region im Herzen von Kaltern. Die Sölvas keltern bereits seit Anfang des 18. Jahrhunderts elegante und körperreiche Weine, die in der gemütlichen Vinothek verkostet werden.

  1. Geführte Wanderung in Jenesien

Der gemütliche Ort Jenesien befindet sich nur wenige Kilometer nördlich von Bozen. Von Anfang Oktober bis Anfang November bietet der örtliche Tourismusverein jeden Tag eine geführte Wanderung zum Thema Törggelen an. Unterwegs erfahren die Teilnehmer viel Wissenswertes über Wein und Esskastanien und verkosten Spezialitäten regionaler Erzeuger. Eine Einkehr in eine der zahlreichen Gasthöfe und Hofschänken ist selbstverständlich ebenfalls vorgesehen. Die Wanderung beginnt um 10 Uhr und endet um 16 Uhr, eine Anmeldung ist empfehlenswert.

  1. Auf Sissis Spuren auf dem Meraner Höhenweg

Kaiserin Sissi liebte Meran und hielt sich gerne in der Kurstadt mit dem mediterranen Flair auf. Noch immer steht die zweitgrößte Stadt Südtirols für einen kaiserlichen Urlaub – zwischen majestätischen Bergen, Weinterrassen, Jugendstilvillen, Palmen und Zypressen. Wer Wandern mit Törggelen verbinden will, findet in Meran hierfür mehrere Optionen. So zählt der Meraner Höhenweg zu den schönsten Routen Südtirols. Je nach Kondition können Wanderer den Naturpark Texelgruppe in vier bis acht Tagesetappen umrunden. In einigen Orten wie Partschins, Naturns oder Dorf Tirol gibt es Seilbahnen und Lifte, die manchen anstrengenden Auf- oder Abstieg ersparen können. Der Wanderweg bietet in regelmäßigen Abständen Einkehrmöglichkeiten für jeden Geschmack und Geldbeutel. In mehr als 40 Gasthöfen, Almen und Hütten können sich Besucher stärken und übernachten.

 

Bildnachweise
Bild 1: pixabay © Kordi Vahle (CCO Creative Commons)
Bild 2: pixabay © RitaE (CCO Creative Commons)



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