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Wein-News im Mai 2018 vom 30.05.2018
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Wetter gefährdet Existenzen – Versicherer gefragt

Wetter gefährdet Existenzen – Versicherer gefragt

Der April macht, was er will, so heißt es in einem alten Sprichwort. Wetterkapriolen sind an der Tagesordnung. Im April 2017 war diese Wettersprunghaftigkeit so extrem, dass es in der Landwirtschaft und im Weinbau zu großen Schäden kam. März und April waren ungewöhnlich warm und die Pflanzen hatten schon stark ausgetrieben. Dann gab es in der zweiten Aprilhälfte und Anfang Mai starke Nachtfröste. Dabei entstand ein volkswirtschaftlicher Schaden, den Experten auf 3,3 Milliarden Euro bezifferten.

Wetterkapriolen nicht nur in Deutschland

Wetterkapriolen nicht nur in DeutschlandWenn die Kirschblüte zu früh beginnt,
sind die empfindlichen Blüten gefährdet.

Diese Wetterumschwünge gab es in West-, Mittel, Süd- und Osteuropa. Von den Spätfrösten am meisten betroffen waren Deutschland, Frankreich, Italien, Polen, die Schweiz und Spanien. Die Schäden waren deshalb so groß, weil beispielsweise die Apfelbäume eine Woche früher blühten als üblich. In manchen Regionen, wie beispielsweise am Bodensee, erblühten die Obstbäume sogar schon vor dem 15. April.

Auch die Kirschbäume waren viel zu früh dran, sodass der verheerende Frost nicht nur die empfindlichen Blüten, sondern auch die anfänglichen Fruchtstadien und im Weinbau die ersten frostgefährdeten Austriebe zerstörte. Dazu hat Hans-Helmut Schmidt, Agrarmeteorologe beim Deutschen Wetterdienst, einen Bericht veröffentlicht. In „Das Weinjahr 2017 – später Frost und frühe Lese“ geht es nicht nur um den Frost im April 2017. Einige Bauern und Winzern waren gegen diese Spätfrostschäden versichert. Rund 600 Millionen Euro an Schadenersatz zahlten die Versicherer. Das heißt jetzt nicht, dass jeder besser beraten wäre, eine entsprechende Versicherung abzuschließen. Die Experten von Moneycheck raten hier zu Vorsicht und zu genauer Kalkulation.

Diese Umschwünge sind normal im April

Witterungsbedingungen wie diese sind bezeichnend für den April. Es kommt oft noch zu frostigen Nächten, insgesamt ist das Wetter in diesem Monat sehr wechselhaft. Dabei entsteht ein Korridor, auf dem sich eine schnelle Höhenströmung, die sogenannte Polarfront, bewegt. Aus nordwestlicher Richtung von Island kommend, trifft sie auf Mitteleuropa. Diese Wetterlage heißt auch Nord- oder Nordwestlage, sie bringt kalte und feuchte Luftmassen. Von Mitte bis Ende April steigt die Wahrscheinlichkeit von Frostnächten durch dieses Wetterphänomen an. Speziell Ende April 2017 kam es dabei zu Temperaturen von -5 °C, im Osten Europas auch noch Anfang Mai

Intrazelluläre Eisbildung sind für die Frostschäden verantwortlich

Intrazelluläre Eisbildung, also Eis in den Zellen der Pflanzen, führen zu den schlimmen Frostschäden. Dadurch zerfallen die Zellwände und die Pflanzenmasse vertrocknet. Es entsteht ein Schadenbild, das dem nach einer Dürre ähnelt. In der Landwirtschaft und im Weinbau sind die Pflanzen in den unterschiedlichen Wachstumsphasen dadurch verschieden stark gefährdet. Sie sind insbesondere während der Blüte, und kurz nachdem sie ausgetrieben haben, sehr empfindlich. Genau dies passierte im April 2017. Obst und Wein hatten durch den frühen Vegetationsbeginn bereits Blüten oder erste Austriebe, die der verheerende Frost zerstörte. In Spanien betraf die Kälte sogar das Getreide, das zu diesem Zeitpunkt bereits blühte.

Größte Schäden in Italien und Frankreich

Sogar die Risikoexperten der Versicherer waren von der großen geografischen Ausdehnung und der Höhe der Schäden überrascht. In Italien und Frankreich entstand jeweils eine Milliarde Schaden von den insgesamt 3,3 Milliarden. Für Obst-, Wein- und Gartenbauern ist der Frost schon immer eine gefährliche Naturgewalt. Viele arbeiten mit präventiven Maßnahmen. Im Gartenbau züchten die Bauern erste junge Pflanzen in einem Gewächshaus oder unter Vlies. Der Freilandanbau beginnt meist erst Mitte Mai. Im Obstbau sorgen Frostschutzberegnung und Windmaschinen oder Helikopter für eine Durchmischung der Luftschichten. Welche weiteren Maßnahmen die Obstbauern ergreifen, hat das Bundesinformationszentrum für Landwirtschaft auf seiner Internetseite veröffentlicht. Diese Schritte sind allerdings nicht immer zu 100 Prozent wirksam und haben auch Nachteile. Der Erfolg hängt stark von den meteorologischen Bedingungen ab.

Konzepte der Frostversicherung

Ob ein Bauer seine Ernte versichern kann und wie, ist von Land zu Land verschieden. Für die Frostversicherung gibt es zwei Grundkonzepte:

  • Die Ertragsgarantieversicherung deckt alle Gefahren durch jedwede Naturgewalt ab.
  • Die Schadenversicherung deckt Hagel- und Frostschäden ab und kann um andere Gefahren erweitert werden.

In den meisten europäischen Ländern ist die Versicherungsdurchdringung für diese Schäden hoch, weil der Staat die Versicherungsprämien subventioniert. In Deutschland gibt es keine solche Subventionierung und die Frostversicherungsdichte ist klein. In einzelnen Bundesländern wie Baden-Württemberg oder Bayern, hat die Landesregierung den geschädigten Betrieben staatliche Hilfe zugesichert, wie der Bayerische Bauernverband verlauten ließ.

Nach schweren Spätfrösten steigt die Nachfrage nach entsprechenden Versicherungen

junge Weintriebe bei Spätfrost
Die jungen Weintriebe sind bei Spätfrost
besonders gefährtdet.
Insbesondere die Winzer möchten sich gerne gegen das Risiko der Spätfröste versichern. Doch für viele Versicherer rechnet sich eine spezielle Frostversicherung nicht. Sie bieten meist Kombi-Produkte, die auch andere Risiken wie Hagelschäden abdecken. Für manche Betriebe ist die Prämie dennoch viel zu hoch. Eine entsprechende Versicherung würde den Betrieb durch die hohen Kosten ruinieren. Hier muss sich jeder Winzer und jeder Bauer die Kosten genau anschauen und individuell entscheiden, ob der Betrieb diese zusätzliche Last tragen kann.

In Deutschland kommt es jährlich zu einer Schadenssumme von etwa 42 Millionen Euro durch Frost. Dabei beobachten die Versicherer zunehmende Wetterextreme. 2015 kam es zu extremer Trockenheit, 2016 litten die Landwirte unter langanhaltenden Niederschlägen und 2017 zerstörte der Spätfrost große Teile der Blüten und junge Austriebe.

Fazit

Durch den Spätfrost im Frühling 2017 hat sich gezeigt, dass ein solches Ereignis große Schäden anrichten kann. Der Klimawandel kann zur Folge haben, dass diese Art der Schadensfälle in den nächsten Jahren zunehmen. Das gilt insbesondere dann, wenn der Spätfrost nicht ähnlich früh einsetzt wie die Vegetationsperiode. Natürlich treten diese Entwicklungen regional sehr begrenzt auf und sind abhängig davon, ob ein eher kontinentales oder maritimes Klima vorherrscht. Auch Höhen- oder Tallage eines Betriebes haben darauf Einfluss. Neben präventiven Maßnahmen brauchen die Betriebe ein Risikomanagement, das alle Naturgefahren berücksichtigt. Dazu gehört auch eine umfassende Ernteversicherung.

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